Auch wenn regenerative Energiequellen aufholen, bleiben Öl und Gas die Schmierstoffe der Weltwirtschaft. TÜV SÜD investiert daher auch in beträchtlichem Maß in deren Weiter­entwicklung und Effizienzsteigerung. Zum Beispiel in Schottland: Beim britischen Tochterunternehmen TÜV SÜD Ltd. und dessen Geschäftseinheit TÜV SÜD NEL entsteht aktuell ein weltweit einzigartiges Test- und Forschungs­zentrum für Mehrphasen-Strömungsmessung, in dem ­flüssige und gasförmige Komponenten simultan getestet und erforscht werden. Mit diesem wissenschaftlichen Verfahren können Betriebskosten gesenkt und die Rentabilität von Offshore-Öl- und -Gasfeldern verbessert werden.

Bohrungen gehen bis auf 10.000 Meter Tiefe, der Druck kann auf bis zu 1.000 Bar steigen, und Förderplattformen rücken nun bis ins Eismeer vor: Solche extremen Bedingungen sind heute typisch bei der Offshore-Exploration von Öl- und Gasvorkommen, weil die meisten leicht zugänglichen Felder bereits erschlossen sind. Regelmäßig lautet daher die Frage: Lohnt sich die Erforschung und Erschließung angesichts des höheren Aufwands überhaupt? Die Antwort lautet: Ja, wenn die Technik der eingesetzten Komponenten, Systeme und Anlage optimal aufeinander abgestimmt ist. Unter anderem muss es gelingen, das aus dem Bohrloch gewonnene Öl-Wasser-Gas-Gemisch möglichst effizient zu messen und die Mengen der wertvollen fossilen Energieträger exakt zuzuordnen. Die Erforschung und technologische Prüfung dieser sogenannten mehrphasigen Strömung ist das ­Spezialgebiet von TÜV SÜD NEL. Der weltweit ­führende Spezialist ist in Schottland ansässig, vor dessen Küsten seit den 1960er-Jahren große Öl- und Gasvorkommen gefördert werden.

Muir Porter
Group Head TÜV SÜD NEL

Weltweit führende Einrichtung

„Wir stehen vor zwei großen Herausforderungen. Eine ist der Trend, das geförderte Gemisch bereits auf dem Meeresboden genau zu analysieren. Dazu muss das technische Equipment für den Extrem­einsatz weiterentwickelt werden. Die zweite Herausforderung ist die Grundlagenforschung, um das physikalische Verhalten der verwendeten Mehrphasen-Durchflussmuster bei Einsätzen in großen Tiefen besser zu verstehen“, erläutert Muir Porter, Group Head von TÜV SÜD NEL. Für beides wird das neue Center of Excellence für Unter­wasser­exploration, das aktuell errichtet wird, gut gerüstet. Anfang 2019 soll es an den Start geht. Das Herzstück der Einrichtung wird ein riesiger Schwerkraft­separator mit 270 Tonnen Gewicht ­bilden, der, als Teil eines druckbelasteten Flow Loop, ein global ­einmaliges Testspektrum an Prozess­betriebsbedingungen für die Untersuchung und das Testen von ein- und mehrphasigen Durchfluss­messungen und -tech­nologien ermöglicht. Das Verständnis der sich ändernden Durchflussbedingungen ermöglicht die Messung der ­einzelnen Bestandteile mit ­größerer Genauigkeit. Daneben begleiten die Spezialisten des künftigen Kompetenz­­zentrums unter anderem gemeinsame Industrie­projekte, bieten messtech­nische Beratung, technologische Entwicklung und Produkttests sowie industrielle Trainings und wissen­schaftliche Forschung. Den einzigartigen Mehrwert des neuen Zentrums bringt Muir Porter auf den Punkt: Unser Forschungs-, Test- und Entwicklungszentrum ­konzentriert sich direkt auf Kosten­senkungen bei der Kohlen­wasserstoffgewinnung in einem preis­sensitiven Umfeld, ferner auf ­wissen­schaftliche Forschung, neue Technologien und Daten­management.

Das Zentrum forciert die Kostenreduzierung bei der Gewinnung von Kohlenwasserstoff in einem ­preissensitiven Umfeld.

Mehr als 18 Millionen Euro investiert TÜV SÜD – zu knapp einem Drittel unterstützt von der Organisation Scottish Enterprise – in Glasgow. Von den Forschungs- und Testergebnissen werden auch andere Wirtschaftszweige profitieren, zum Beispiel die pharmazeutische Industrie, die Landwirtschaft, die Lebensmittel- und Luftfahrtindustrie oder die erneuerbaren Energien.

Muir Porter im Video: Auf der Spur von Öl, Gas und Wasser

Das
Center of
Excellence
auf einen
Blick

Gesamtinvestitions-
summe

18 Mio.€

Gebäudefläche

1.600 m²

Arbeitsplätze

~100

Flüssigkeits-
­abscheider als
Herzstück:

33 m

Länge

2,6 m

Durchmesser

270 t

Gewicht

Betriebsaufnahme

Frühjahr

2019